Das österreichische Unternehmen hpc DUAL hat eine Lösung gefunden, wie die Briefzustellung in einer digitalisierten Welt einfach, rechtssicher und zuverlässig funktionieren kann, erzählt Geschäftsführer Josef Schneider im Interview.
Herr Schneider, wozu brauchen wir in Zeiten elektronischer Kommunikation eigentlich noch Briefe?
Der privat geschriebene Brief spielt zumindest in Sachen Umsatz so gut wie keine Rolle mehr. Wenn es um rechtssichere und verlässliche Kommunikation geht, hat der physische Brief dagegen immer noch eine riesige Bedeutung. Verwaltungen, Banken, Versicherungen, öffentliche Institutionen und Unternehmen verschicken Rechnungen, Mahnungen, Einladungen, Verträge oder wichtige Informationen zum größten Teil immer noch auf Papier. Erstellt werden die Briefe aber in elektronischen Systemen. Dies gilt für mehr als 99 Prozent aller Sendungen!
Im Jahr 2017 klingt das sehr anachronistisch: Briefe elektronischen Ursprungs werden physisch verschickt.
Das stimmt. Viele Versender haben daher viel Geld investiert, um Portale aufzubauen, in denen sie die Post für ihre Kunden ablegen. Das ist für die Empfänger oft sehr umständlich – stellen Sie sich vor, Sie hätten 50 Briefkästen an Ihrem Haus, die sie regelmäßig kontrollieren müssten. Die Kommunikation wird einfach zu umfangreich. Man könnte nun sagen, dass man die Kommunikation einfach auf E-Mails reduziert. Das ist aber nicht so einfach, weil E-Mails oft untergehen, nicht ankommen oder viele Menschen die Lesebestätigung nicht akzeptieren.
Um die Größe des Themas einordnen zu können, eine kurze Zwischenfrage: Wie viele Briefe werden überhaupt in Europa verschickt?
Rund 100 Milliarden. Die Summe beinhaltet aber nur die Schreiben, die persönlich adressiert sind. Bei rund 500 Millionen Einwohnern sind das im Schnitt 200 Briefe pro Jahr. Die Anteile der elektronischen Post sind bisher nur marginal.
Wo stehen die ehemals staatlichen Postgesellschaften aus Ihrer Sicht, wenn es um die elektronische Post geht?
Die Anforderungen an elektronische Post sind hoch. Sie muss genauso verlässlich und rechtssicher versendet werden können wie ein physischer Brief. Ein gutes Beispiel dafür ist der E-Post-Brief in Deutschland, bei dem die Nutzer den Brief elektronisch aufgeben und er danach von der Post ausgedruckt, frankiert und verschickt wird – oder in der hybriden Lösung nur dann physisch zugestellt wird, wenn der elektronische Versand nicht funktioniert. Das Problem ist bei diesen Technologien oft der Aufwand, sich für das System zu registrieren. Er kommt vielen Menschen sehr hoch vor. Die Empfänger müssen sich zum Beispiel mit dem neuen deutschen Personalausweis registrieren, ein elektronisches Postfach einrichten und ein Kartenlesegerät einsetzen. Aber auch die Versender stehen der Technologie skeptisch gegenüber. Die Nutzung ist daher sehr gering. In Österreich, wo es ein ähnliches System gibt, liegt sie im Promillebereich.
In Europa werden jährlich rund 100 Milliarden Briefe verschickt.
Mit Ihrem „BriefButler “ wollen Sie das ändern. Wie funktioniert Ihr System?
Wir digitalisieren mit unserer Software den direkten Weg vom Versender zum Empfänger. Unser System BriefButler ist sozusagen der Postbote 4.0, der nicht erst am Postausgang zum Einsatz kommt. Wir bauen unsere Software in das System der versendenden Organisation ein. Mithilfe eines elektronischen Zertifikats weiß der Empfänger, dass der Versender auch der richtige ist. Damit kann ein rechtsgültiger elektronischer Versand erfolgen, der im Unterschied zur E-Mail auch nachweislich ist. Wenn dieser Versand aus welchen Gründen auch immer nicht funktioniert, generiert das System nach einer vorher festgelegten Frist automatisch einen physischen Versand. Zudem bieten wir einen integrierten Signatur-Service oder eine Online-Zahlungsmöglichkeit. Bisher sind rund 50 Millionen Schreiben mit unserem BriefButler versendet worden, rund 25 Prozent davon digital.
Sie arbeiten bislang vor allem mit Kommunen. Warum?
Weil wir anfangs ein unbekannter Anbieter waren, mussten wir klein beginnen. Die Kommunen eignen sich dazu besonders gut, da jeder Bürger seinen Lebensmittelpunkt in einer Gemeinde hat. Mit ihnen wird zudem häufig kommuniziert, zwischen fünf und zehn Mal im Jahr, wenn es zum Beispiel um Themen wie Schule, Auto, Haus oder Hund geht, um Geburtsurkunden, Bauverfahren, Meldebescheinigungen, Anträge für das Gewerberegister oder Kommunalsteuern. Außerdem ist die Hemmschwelle, dem Dienstleister der Kommune seine Adresse zu übermitteln, relativ gering. Das ermöglicht es, dass wir relativ rasch zu einem hohen Marktanteil kommen. Und: Die elektronische Adresse kann jeder wie seine Mobilnummer behalten, selbst wenn man umzieht – das ist eine Konstante auch in einer immer mobiler werdenden Gesellschaft.
Bisher sind rund 50 Millionen Schreiben mit unserem BriefButler versendet worden, rund 25 Prozent davon digital.
Wie haben Sie die Stadt Wien als vermeintlich schwerfällige Behörde von Ihrem Konzept überzeugt?
So etwas geht gerade am Anfang nur in kleinen Schritten. Die Anwender in den Verwaltungsstellen müssen erst einmal Vertrauen gewinnen, weil der Prozess doch anders als beim klassischen Briefversand ist. Der Versender kann nur am Bildschirm kontrollieren, was er verschickt – was beim Empfänger ankommt, weiß er zunächst nicht, weil er die Zuverlässigkeit des Systems ja noch nicht einschätzen kann. Deswegen haben wir zu Beginn nur einige Anwendungen angebunden, um Vertrauen aufzubauen. Später ist uns sehr zugutegekommen, dass Wien ein zentrales elektronisches Aktensystem eingeführt hatte, was die flächendeckende Einführung des BriefButlers leichter gemacht hat.
Wie reagieren andere potenzielle Großkunden auf Ihr Angebot?
Alle Unternehmen und Institutionen sind auf der Suche danach, ihre Prozesse zu digitalisieren und Kosten zu sparen. Unsere Strategie ist es, mit regionalen Partnern zusammenzuarbeiten, die die Kunden schon kennen. In Deutschland haben wir zum Beispiel eine Lizenz für den BriefButler an den kommunalen Dienstleister Regio IT aus Aachen vergeben. Die Zielgruppe sind also nicht die Großversender direkt, sondern deren Rechenzentren, die auch die Post für die Kommunen ausdrucken. Das Modell kommt gut an, nicht zuletzt deswegen, weil wir immer darauf bedacht sind, dass dieser Teil der Wertschöpfung in der Region verbleibt.
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